Liebes Du,
In meinem Beitrag zum Altern, wo ich jeden Tag als Geschenk beschrieben habe, mahnte mich Reiner „Jeder Tag ist ein Geschenk, ja, gleich, wie „gut“ er ist. Einspruch allerdings beim Tage-sammeln, das greift ein wenig zu kurz. Altern ist unendlich viel mehr, erfassen, erkennen, hinnehmen, glauben, verinnerlichen und – sich mit der Endlichkeit, dem Verfall arrangieren, dem eigenen und dem der anderen.“
Was Reiner da aufzählt ist in jedem Tag drin, und gehört zum Geschenk. Wenn ich es nicht im 4. Türchen ansprach, dann weil beide Themen soviel Platz einnehmen, dass sie ihre eigenen Türchen verdient haben.
Erfassen, erkennen, hinnehmen, glauben, verinnerlichen und sich mit dem Verfall arrangieren, dem eigenen und dem der anderen, das ist eine tägliche Aufgabe. Nein, es war eine Aufgabe als ich mich noch dazu ermahnte es nicht zu vergessen, heute ist es da, Teil von meinem Leben, Teil meines Tages.
Der eigene Verfall macht sich in unzähligen Kleinigkeiten bemerkbar, diese Dinge die sich permanent verändern, die mich „neu machen“ und es gibt die Dinge die ich selten tue und die dann, oha, nicht mehr, oder nur schlecht noch machbar sind. Korrektur: oha, nicht, oder nur schlecht machbar sind.
Altern, Verfall, das ist Veränderung, das ist Erneuerung. Ich habe die Korrektur sichtbar gelassen, um zu zeigen wie es geht. Ich kann den „Verfall“ (Reiner), die „Veränderung“ (Bisou) annehmen wenn ich auf den aktuellen Zustand schaue, „noch“ und „mehr“ und „wie“ weglasse. Würde ich mich den ganzen Tag mit irgendeiner Version von Bisou aus der Vergangenheit vergleichen, wäre ich vermutlich nur unzufrieden. Wozu mich mit der Turnerin, der Ballettelevin, der Sportlerin, der Schlanken, der Agilen, der Energiestrotzenden aus vergangenen Zeiten vergleichen? Für mich macht es keinen Sinn. Ich bin nicht die, die keinen Handstand mehr kann, ich bin die die keinen Handstand kann – das fühlt sich ganz anders an.
Ich registriere die Veränderungen und freue mich wenn ich bei manchen feststelle, dass sie nur vorübergehend waren. Ich registriere das Neue, wohlwissend, dass mich noch viel Neues erwartet. Aber genau wie ich mich nicht in der Vergangenheit verirren möchte, so will ich mich auch nicht in eine dunkle Zukunft vergaloppieren. Es galt über ein paar Was-ist-wenn-Dinge nachzudenken, sie aber dann auch ruhen lassen.
Ich gehe auf 57 zu, kann kein Spagat, keinen Flick-Flack, fühle mich auf Leitern unsicher, kann ohne Brille nicht lesen, mag keine unbekannten Autostrecken fahren – es gibt 20 jährige denen es genauso geht. So what?
Ich wünsche dir einen wohlwollenden Blick auf den Menschen der du heute bist
Deine Bisou
Was für ein tolles Türchen heute. Hier kommt eine sehr gute Einstellung zum Vorschein, an die ich noch gar nicht gedacht habe. Mir fällt gerade ein, dass ja im Alter auch Dinge dazu kommen, die ich plötzlich viel besser kann. Körperlich nicht so, mit 67 und Polyarthrose wäre das auch komisch. Aber ich weiß jetzt mehr als früher. Liebe Nikolausgrüße!
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Oh ja, das „besser“ werden. Das Wachsen, das besser lieben können, die Gelassenheit, das Glücklichsein, hach so viel positives gehört zur Erneuerung. Würde meinen alten Körper mit seiner „Weisheit“ nicht gegen den dummen, jungen, abhängigen, unglücklichen eintauschen wollen.
… vielleicht sollte ich auch mal nachschauen gehen ob ein Tütchen an der Klinke hängt…
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Nein, keines da 🙂
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Ich könnte auf die Schmerzen und schiefen Finger gerne verzichten. Aber die gehören jetzt eben auch dazu. Nicht alles wird besser…….
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Klar, die Schmerzen sind nicht angenehm und die Arthrose auch nicht. Aber deine Finger schreiben wunderschöne Texte 🙂
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Zum Glück muss ich das nicht alles mit der Hand schreiben! Danke für das Kompliment. Die netten Worte machen mir Mut, mein „Büchlein“ tatsächlich zu verschenken. Morgen wird es wohl fertig und bestellt. Ich freue mich so! Und hast Du schon vor die Tür geschaut?
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War schauen, war nichts aber vielleicht hat er, hier was Eisregen, den Weg gescheut und hat etwas für mich im Büro hinterlegt… bin gespannt
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Ich drücke die Daumen!
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Guckst du:
Auch mein Kommentar dazu 🙂
https://meinexperimentlebenblog.wordpress.com/2019/12/05/weisheit-ist-eine-tugend-des-alters/
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Wenn ich in den Spiegel schaue, sehe ich einen Mann, mit immer noch 1.72 m eher unteres Gardemaß, wie früher. Allerdings aufrecht. Das Gesicht hat nichts mehr mit dem des großen Jungen von vor 15, 20 Jahren gemein. Ernster, „erwachsener“, aber mit ausgeprägten (Lach-?)Falten um die Augen und tiefe Furchen von der Nase in Richtung Mundwinkel, die mancher Spott, aber auch die Herausforderungen der Zeit hineingefräst haben.
Körperlich bin ich beweglicher und flexibler als je zuvor, dank täglichen Trainings. Das gilt auch für die Seele, die sich im Glauben übt, weil sonst nichts trägt. Geistig werde ich langsamer, was aber in Ordnung geht, weil so mehr Zeit zum nachdenken bleibt, ganz entgegen dem eher jugendlichen Motto : Woher soll ich wissen, was ich denke, wenn ich nicht höre, was ich sage?
Manchmal erwische ich mich sogar dabei, strategisch zu denken, zu planen, was nie meins war. Auch eine mögliche Antwort auf die gegenwärtigen Herausforderungen. Rückläufig dagegen ist der ungehemmte Mitteilungsdrang eines langjährigen Bloggers, den das traurige Beispiel der Aras zunehmend schreckt, die nur aufgrund ihrer Stimmgewalt den Jägern leichte Beute wurden.
Tja, und da gibt es noch die Bisou, die alljährlich wieder einmal aus dem Nichts auftaucht und prompt alte Reflexe auslöst 🙂
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Das klingt so gar nicht nach eigenem „Verfall“… gefallene Jungs können wohl nur noch nach oben 🙂
übrigens: 172cm = perfekte Lebensgrösse – weiss wovon ich rede 😉
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Aha 🙂
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Hat keinen Bezug zu meinem letzten Eintrag 😉
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