Von Bitten und Schulden

„Ich traue mich nur zu fragen wo ich ohne zu zählen gegeben habe.
Niemand schuldet mir etwas, es ist nicht der Gedanke etwas zurück zu bekommen.
Wenn es das nicht ist, kann es nur meine Angst sein bei einem anderen in der Schuld zu stehen.“

Woher kommt diese Angst?
Was tief verwurzelt ist, ist auch tief, sprich weit zu finden. Am Anfang, dort wo sich einst mein Weltbild formte.

Ich trage noch Muster aus der Zeit als die Erde eine Scheibe war mit mir herum. Ich kann gerade drüber lächeln geglaubt zu haben sie alle los zu sein.

Ich bin aufgewachsen unter einem Berg von Schulden. Mir wurde eingeredet welche unzähligen, unermesslichen Opfer sie, meine Mutter, für mich gebracht hatte. „Auf ewig dankbar sein müssen“. Eine Schuldenlast die das so schuldige Kind immer wieder vergeblich versucht hatte ab zu tragen, versucht hatte sich zu entSchulden.

Irgendwann gehörte es zu mir, so sehr, dass mir bis gerade nicht bewusst gewesen war wie es mich auch jetzt noch in meinem Handeln, in meinen Möglichkeiten beeinflusst und einschränkt.

Ich habe schon sehr klein gewusst: das werde ich nie meinen Kindern antun, das werde ich nie irgendjemandem antun. Irgendwann war da das ganz klare wissen: was auch immer ich für einen anderen tue, er schuldet mir nichts, was auch immer ich für einen anderen tue, tue ich weil ich es kann, weil ich es will und es mir selber gut tut meine Fähigkeiten aus zu leben.

Wie befreie ich mich von meiner Angst vor Schulden?

– Ich möchte darauf vertrauen mittlerweile die, die auf der Scheibe leben zu erkennen und mich mit ihnen auf keine Schulden-Macht-Spiele mehr ein zu lassen.
– Ich darf darauf vertrauen, dass es andere Menschen gibt die so denken wie ich.
– Ich darf darauf vertrauen, dass Dankbarkeit und nicht Schuld das gerne entgegengenommene Gefühl ist.

Ich schulde dir nichts, Mama. Hätte es eine Schuld gegeben, sie wäre schon vor Jahrzehnten abgeglichen gewesen.
Ich schulde dir nichts, Mama. Was auch immer du getan hast, es war dein Wille, deine Entscheidung.
Ich schulde dir nichts, Mama. Ein Opfer bist du nur in deinem von der Krankheit geprägtem Denken.

Kann gerade ganz tief durchatmen.
Das Leben ist schön.

8 Kommentare zu „Von Bitten und Schulden

  1. Vertrauen ist der Schlüssel, ja.

    Mir hat geholfen, den individuellen Charakter meiner Eltern im zeitgeschichtlichen Kontext zu sehen. Angefangen mit sehr vielen Büchern der Zeit, Böll, Grass und andere. Leider ist es, so scheint es, an uns, ihre Befindlichkeiten zu klären, damit es uns besser geht…

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    1. Es ist ein den Einfluss ihrer Befindlichkeiten auf uns zu klären, damit es uns besser geht.

      Es ist nur das was uns betrifft.

      Wie du ihre Geschichte kennen gelernt hast um deren Einfluss auf dich zu erkennen, so habe ich die Krankheit meiner Mutter kennen gelernt.

      Erkennen ist en guter Weg uns dem zu entziehen 🙂

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  2. Schön, dass du diese letzten Sätze so sagen konntest 🙂

    Das unterscheidet ja lieben von einem Handel.
    Ist ein Handel in meinem Hinterkopf muss ich mehr bekommen als ich gebe, um nicht als Verlierer dazustehen.

    Er allerdings aus Liebe gibt, verliert nichts, weil das Geben an sich schon ein Gewinn ist.
    Und je mehr man gibt, desto mehr wächst in einem selbst nach 🙂

    Wer allerdings etwas gibt, was er gar nicht hat, sich aber dazu verpflichtet fühlt, ist letztlich ein Betrüger – oder? 😉

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