Konfrontation mit Erinnerungen

Der Satz „Es wird Zeit deine Kindheit um zu schreiben.“ geht mir nicht aus dem Kopf. Ich darf als Erwachsene, mit meinem jetzigen Wissen auf meine Vergangenheit schauen und sie für mich bewehrten.

Dieser Erkenntnis folgte eine weitere: „UM schreiben“ bedingt, dass es bereits Erinnerungen gibt, ich habe aber nur ganz wenige.

Als sei dies, das „Sesam öffne dich“ für eine der von Miss Perfect verschlossenen Türen gewesen werde ich seitdem mit immer neuen Kindheitserinnerungen konfrontiert. Manche so, dass ich sie nicht glauben kann/will.

Es ist erschreckend was da hoch kommt. So behandelt man kein Kind, so spricht man nicht zu einem Kind, dazu zwingt man kein Kind, das lässt man ein Kind nicht alleine machen, das darf doch nicht wahr sein… die Versuchung ist groß es wieder hinter die Tür zu schieben und diese dann zu schließen. Mir ist aber die Chance die ich gerade lebe sehr bewusst und ich schaue auf das geschehene.

Es ist als würde ich die kleine die es erlebte auf meinen Schoss nehmen und mit ihr drauf schauen. Ich spüre ihre Angst und Trauer, ich lasse sie zu. Dann schaue ich mit ihr durch meine erwachsenen Augen, versuche ihr zu erklären warum die Dinge so gewesen sind, mit meinem Wissen von jetzt, meinem Wissen über die Krankheit die unser aller Leben damals bestimmte.

Es ist Arbeit, harte Arbeit. Es ist auch ein Balance Akt sie, sie mit ihrem Erlebten sein zu lassen, mir mit meinem Wissen einen neuen Blick darauf zu erarbeiten und mir immer vor Augen haltend, dass wir in all unserer Unterschiedlichkeit eins sind.

6 Kommentare zu „Konfrontation mit Erinnerungen

    1. Ja. Aber ich darf mir bewusst machen, dass die Hölle Vergangenheit ist, dass es meine Entscheidung ist wie ich mit ihr umgehe.

      In Unkenntnis weiterleben… keine Option, ich weiss um die einmaligkeit der Chance, die Türe jetzt wieder schliessen wäre gegen mich selber handeln.

      Ich will da durch.

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  1. Nichts im Leben ist Zufall, alles Chance, so denke ich oft.

    Du leitest mich von Deinem anderen Eintrag zu diesem. Kann das wirklich sein? Es würde kaum jemand glauben, denn gestern am Abend…

    Von den Traumreisen habe ich gerade gebloggt, denen ich in Rehas oder Tagesklinik nie zu folgen vermochte. Wenn es z.B. hieß und ich zitiere wörtlich: „Im Wald wird ein wunderbares Fest gefeiert, alle singen und tanzen miteinander. Dann setzen die Männer sich ans Feuer und die Frauen bereiten ein schmackhaftes Mahl…“ Halllllo? Sind wir in den Fünfzigern, befinden wir uns in der Steinzeit, oder schrieb da jemand, der von dieser Rollenverteilung träumte? Wer miteinander singen kann, der kocht auch gemeinsam, oder? Ich kochte auch, aber innerlich (zumal die Geschichte sich in ähnlicher Weise fortsetzte) und mit Entspannung war es gar nichts. Alle erzählten aber hinterher, wie wunderbar diese zehn Minuten gewesen seien, also fühlte ich mich wieder einmal schuldig. Anders. Fremd, irgendwie…

    Nach meinem dramatischen Heiligabend (den ich meiner Familie zu verdanken habe) mit nachfolgendem Migräneanfall, versuchte ich mich schlaflos abzulenken. „Du musst dich an einen anderen Ort beamen,“ so war die Idee, „wo es warm und friedlich ist“. Das war weit schwerer als gedacht und funktionierte kaum minutenweise…

    Tage später kam mir endlich die Rettung in den Sinn. Und seitdem durchschreite ich eine hohe, gelbrötlich verputzte Lehmwand (wie sie Marrakesch umläuft) und finde mich auf der anderen Seite täglich in einer neuen, veränderten Landschaft wieder. Wo ich allein bin, niemand etwas von mir will, mich zu etwas drängt. Gestern dachte ich zum ersten Mal, es sei aber auch einsam dort, unter dem Beduinen – Baldachin, von dem aus ich in den Sonnenuntergang über der Wüste schauen kann, mit meinem süßen, heißen Tee, den Datteln, dem frischen Fladenbrot und dem köstlichen bunten Salat daneben…

    So ging ich also zurück durch die Mauer, um jemanden zu holen. Ich träume noch oft von den Berbergesängen am Feuer, dem Lachen der Männer in fröhlicher Runde. Aber sie gehörten nicht an meinen Kraftort. Es fiel mir überhaupt niemand ein, irgendwie störte mich bei jedem Begleiter etwas. Und dann nahm ich plötzlich eine kleine Hand, sah in dunkle Augen, strich vorsichtig Haare aus der Stirn, spürte die Ängstlichkeit des Kindes, seinen Abstand. Und erkannte, dass das die rechte Begleitung in diesem Moment wäre. So durchschritten wir die Mauer, ohne eine Öffnung zu brauchen. Wir waren still miteinander, ruhten, bis die Sonne sank und wir einschliefen…

    Es war scheinbar das einzige Wesen, mit dem ich mich im Moment wohl fühlte. Mein inneres Kind. Es hat diese Geborgenheit nach so langer Zeit von Traurigkeit und Schmerz wohl gebraucht…

    Wenn die Büchse der Pandora einmal geöffnet ist, kann man sie nicht wieder deckeln. Was man nun erkannt hat, das bleibt. Das was hinter uns liegt vermögen wir nicht zu verändern. Aber Gegenwart und Zukunft können wir steuern. Unter den neuen Aspekten. Es tut auch gut, das Ruder in den Händen zu halten. Es macht frei.

    Zufall, dass wir beide uns im WorldWideWeb begegnet sind? Sicher nicht! Ich danke Dir und sende Dir herzliche Grüße der Verbundenheit,

    Gabriele

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    1. Als ich dich bei Piti gelesen habe, habe ich dich „erkannt“ 🙂

      Ein Stück gemeinsamen Weges liegt nun vor uns.

      Danke für deinen Traum.

      “ Aber Gegenwart und Zukunft können wir steuern. Unter den neuen Aspekten. Es tut auch gut, das Ruder in den Händen zu halten. Es macht frei.“

      Gerne wiederhole ich Zeilen um sie mir zu merken, um sie hervor zu heben.

      Danke Gabriele

      (schmunzle, du hast Recht, eigentlich sollte es ein anderer Link sein… und dann war dieser doch richtig)

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